Studopolis-Talk mit Dr. Gregor Gysi

 

In unserem #1 Studopolis-Talk der zweiten Staffel bekamen die Teilnehmenden, am 18.11.2021 die Möglichkeit mit Linken-Politiker Dr. Gregor Gysi zu diskutieren.

Unter dem Titel „Ein Leben als Politiker – wie ist das so?“ blickten wir mit Dr. Gysi in seine politische Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Das ganze Event im Video:

 

Zu Beginn des Gesprächs, sprach Herr Dr. Gysi über seinen Weg in die Politik und über die politische Prägung durch das soziale Umfeld. Besonders ging er dabei darauf ein, wie er das Leben als Jugendlicher wahrgenommen hat. Den Ausführungen von Herrn Gysi nach fühlte er sich dabei nicht wirklich frei, konnte der DDR aber auch einige positive Dinge abgewinnen, wie zum Beispiel, dass kulturelle Teilhabe für alle bezahlbar war. Politisch beeinflusst wurde er außerdem von internationalen Gästen, die im Elternhaus zu Gast waren, was damals eine Besonderheit darstellte.

Den Begriff des „Unrechtsregimes“ oder des „Unrechtsstaats“ benutze er nicht, wie Herr Gysi erklärte und begründete. Allerdings streite er keinesfalls ab, dass es in der DDR auch staatliches Unrecht gegen habe. Die Entscheidung politische Verantwortung bei der SED bzw. PDS zu übernehmen, empfinde er bis heute als richtig, weil es damals galt Ostinteressen bei der Wiedervereinigung zu vertreten. Allerdings fügte Dr. Gysi mit einem Schmunzeln hinzu, dass er es sich, in Anbetracht der Menge und Art an Kritik, die er für sein Engagement damals hat einstecken müssen, heute doch sehr gut überlegen würde diesen Weg erneut zu beschreiten.

Die politischen Ziele von Herrn Gysi haben sich, eigenen Angaben zufolge, über die Jahren hinweg nicht sonderlich verändert. Neben Chancengleichheit, dem Aufbau bzw. der Bewahrung einer tief demokratischen und freiheitlichen Gesellschaft liege ihm vor allem am Herzen, dass Völkerrecht und diplomatische Konfliktbewältigung wieder stärker in den Fokus rücken. Manche Ziele seien allerdings durch die Wiedervereinigung und den gesellschaftlichen Wandel schon erreicht worden.

Der zweite Block wurde mit der Frage an Dr. Gysi eingeleitet was ihm Angst mache, worauf er erwiderte, dass er wegen seiner Fantasielosigkeit kein ängstlicher Mensch sei, allerdings mit Sorge auf manche internationalen und gesellschaftlichen Entwicklungen blickt.

Bezüglich des Verhältnisses zu Russland, forderte Gregor Gysi weg von der Methode der „Konfrontation und Sanktion“ zu kommen und mittels freundschaftlicher Annäherung gesellschaftliche und politische Veränderungen zu bewirken, wie es damals Willy Brandt getan habe. NordStream2 zum Beispiel solle demnach in Betrieb gehen, um eine Beziehung zu Russland aufrecht zu erhalten und geschlossen Verträge zu erfüllen.

Auch Herr Gysi sehnt sich nach einer gemeinsamen europäischen Migrationspolitik und sieht den Grund für die Unstimmigkeiten innerhalb der EU in der, seiner Meinung nach, verfrühten Osterweiterung. Allerdings forderte er das Maß der „Problematik“ nicht zu überschätzen, weil Europa im weltweiten Vergleich nur einen kleinen Teil aller Geflüchteten aufgenommen habe. Nichtsdestotrotz sei eine europäische Lösung der einzig gangbare Weg.

Auf die Frage nach den Unterschieden im Wahlverhalten zwischen östlichen und westlichen Bundesländern hin, erzählte er von schrittweiser Angleichung von Lebensbedingungen, die aber noch nicht abgeschlossen sei. Die AfD sei aber nur deswegen stärkste Kraft in Sachsen geworden, weil die CDU noch mehr Stimmen verloren habe als die AfD. Weiter führte er einige Punkte an, wie die fehlende Chancengleichheit nach der Deutschen Einheit oder das verzerrte Bild, das von Menschen muslimischen Glaubens in den Medien erzeugt wird, was alles zusammen zu einer Unzufriedenheit der Menschen im Osten führte.

Das restliche Interview war geleitet durch zahlreiche spannende Fragen der interessierten Zuhörerschaft. Es wurden Fragen zur Bildungspolitik, Überwachung durch Geheimdienste, Impfpflicht und weiteren Themen gestellt.

Leider war das spannende Gespräch viel zu schnell vorüber, sodass wir unseren dritten Block „Zukunft“ kaum behandeln und nicht mehr alle Fragen unterbringen konnten.
Die letzten Minuten des Gesprächs sind bedauerlicherweise aus unerklärlichen Gründen nicht mehr aufgezeichnet worden.

Wir danken allen Teilnehmenden und natürlich besonders Herrn Dr. Gysi für die äußerst spannende Diskussion und den offenen und informativen Austausch.